Weltweit gibt es Bestrebungen, staatlich unabhängige Audio-visuelle Medien-Plattformen auf die Beine zu stellen. Democracynow ist ein solches Beispiel oder die Young Turks in den USA. Die Motivation ist häufig ähnlich: Es gibt staatlich finanziertes Fernsehen, welches sich als Teil des jeweiligen Systems versteht und ein entsprechendes „Staatsfernsehen“.
In Deutschland wurde der öffentlich-rechtliche Rundfunk bis 2012 durch die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) finanziert, die ab 1.1.2013 in "ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice" umbenannt wurde.
Im Jahr 2014 erklärte das Bundesverfassungsgericht den ZDF-Staatsvertrag in Teilen für verfassungswidrig. Begründung: Zu viele Vertreter/innen von Bund, Ländern und Parteien säßen in den Aufsichtsgremien. Daraufhin wurde der Staatsvertrag überarbeitet. Die neue Regelung sieht vor, dass nur noch ein Drittel der Posten in den Aufsichtsratsgremien mit staatsnahen Vertreter/innen besetzt werden dürfen.
Zur Situation in Europa
Welche Brisanz die grundsätzliche Frage der Finanzierung von öffentlich-rechtlichen Medien beinhaltet, lässt sich an konkreten Beispielen in anderen europäischen Ländern beobachten.
Der spanische Sender Radiotelevisión Española (RTVE) wird zu einem erheblichen Teil aus der Staatskasse finanziert. In der Euro-Krise wurde der staatliche Zuschuss für RTVE gekürzt. Journalist*innen fürchteten daraufhin, bei zu kritischer Berichterstattung gegenüber der Regierungspolitik ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Bei der Berichterstattung über Autonomiebestrebungen in Katalonien z.B. kritisierten mehrere RTVE-Journalisten die unkritische Haltung ihres Senders zu den teilweise brutalen Polizeieinsätzen als Berichterstattung zugunsten der Zentralregierung in Madrid.
In Osteuropa richteten mehrere Länder nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion gemäß den Richtlinien der EU-Beitrittsverordnungen öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten ein.
In Polen und Ungarn wurden in den vergangenen Jahren immer wieder kritische Journalist/innen durch regierungstreue Medienvertreter/innen ersetzt. Als Konsequenz dieser Politik beendete der deutsch-französische Kultursender Arte die Zusammenarbeit mit dem polnischen Sender TVP und begründete dies mit dem am 31. Dezember 2015 verabschiedeten Gesetz über die öffentlich-rechtliche Medienlandschaft in Polen.
Zur Situation in Deutschland
Mehr als acht Milliarden Euro fließen pro Jahr durch den "ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice" den öffentlich-rechtlichen Medien zu.
Problematisch an diesem "Beitragsservice" ist, dass auch Menschen, die ARD, ZDF oder Deutschlandradio weder sehen noch hören möchten, zur Bezahlung dieser Zwangsgebühr verpflichtet sind; wer kein Fernsehgerät oder Radio besitzt, wird dennoch zur Bezahlung herangezogen.
Wie sehr auch in Deutschland das Thema "Finanzierung" in Programme und Inhalte eingreift, ließ sich an der Diskussion um einen geplanten gemeinsamen Jugendkanal von ZDF und ARD im Jahr 2014 beobachten. Weil das ZDF mehr als 550 Arbeitsplätze einsparen musste, votierte der Personalrat gegen die Pläne der rheinland-pfälzischen Landesregierung, die den gemeinsamen Jugendkanal einführen wollte. "Da Medienpolitik auch Standortpolitik ist, fühlen sich die ZDFler bei ihrem Kampf um Jobs von der Mainzer Staatskanzlei im Stich gelassen" (1), schrieb die taz am 24. September 2014.
Insbesondere die junge Generation hat sich in großen Teilen inzwischen von ZDF und ARD verabschiedet.
Im Februar 2019 kritisierte einer der bekanntesten Moderatoren Deutschlands, Günther Jauch, die Politik der öffentlich-rechtlichen Medien in ungewöhnlicher Schärfe - wie die Zeitschrift "Bunte" unter der Überschrift "Günther Jauch - Bittere Abrechnung" (2) berichtete:
„Jeden Monat fließt das Geld durch die Gebühr fast automatisch. Sie können sich auf Experimente einlassen, sie stehen nicht unter dem Druck, Geld verdienen zu müssen – also eigentlich beste Voraussetzungen um Bildung, Unterrichtung und Unterhaltung der Menschen nachzukommen“, erklärt er weiter. (...) Doch die öffentlich-rechtlichen Sender seien oft in sich selbst gefangen: 'Sie schauen zuweilen ängstlich nach links und rechts, sie haben Rundfunkräte, Verwaltungsräte, politische Parteien, manchmal eine Schere, die sie sich selbst im Kopf zusammengebastelt haben. Sie haben – wie überall sonst auch – Karrieristen, die zusehen, wie sie sich verhalten, damit sie in zwei Jahren diesen oder jenen Job bekommen. Und sind nicht so frei und unabhängig, wie man sie sich von der Konstruktion her vorstellen könnte.'“.
Diese "Schere im Kopf" hat nach persönlichen Erfahrungen auch von Transparenz TV in den vergangenen Jahren teilweise zu einer schwer erträglichen Hofberichterstattung für die Regierung geführt. Die Opposition hat einen schweren Stand, ihre Kritik über das öffentlich-rechtliche Fernsehen zu verbreiten.
Transparenz
Wir brauchen Transparenz, um dies zu erkennen, damit Änderungen und Verbesserungen unserer Medienlandschaft erreicht werden können. Vieles ist nicht im Interesse der Bürger/innen, was in diesem Land geschieht und wie darüber berichtet wird.
Dazu kommt ein hohes Ausmaß von Populismus in der Programmgestaltung. In dem Glauben, dass der Großteil der Zuschauer/innen hauptsächlich Fußball, Pseudo-Promis, alberne Quiz- und Unterhaltungsshows, US-Serien und schlecht produzierte deutsche Soaps sehen wollen, ist das deutsche öffentlich-rechtliche Fernsehen in großen Teilen auf ein erschreckend niedriges Niveau gesunken.
An diesen Problemen und Aufgaben möchte Transparenz TV ansetzen. Wir wollen ein wirklich kritisches TV-Programm gestalten. Kritisch mit der Regierung und kritisch mit dem neoliberalen Wirtschaftssystem. Wir stehen an der Seite der Bürger/innen und interessieren uns für deren Belange.
Viele kritische Stimmen der Zivilgesellschaft kommen in den öffentlich-rechtlichen Medien nicht vor – sie werden einfach ignoriert.
Sehr viele Menschen haben sich bereits abgewandt und suchen vor allem im Internet nach einem alternativen Medienangebot. Das normale Leben der Bürger/innen und die vielfältigen Probleme und Perspektiven einer sich immer weiter ausdifferenzierenden Gesellschaft kommen in den öffentlich-rechtlichen Medien wenig vor. Als bürgernah verstehen mache Sender offenbar Lifestyle-Sendungen oder „Verbraucher-Formate“. Diese Formate glauben, dass das Interesse der Bürger/innen vor allem an Beauty- und Spartipps besteht.
Auch die regionalen Programme versagen weitgehend. Die vielen Landesrundfunkanstalten kümmern sich nicht um das Leben vor Ort, sondern senden aus den Zoos, hofieren teilweise regionalen Politiker/innen und bringen ebenfalls Serien, Quiz- und Showformate mit grenzwertigem Niveau.
Ein paar wenige Politik-Magazine bringen immer wieder auch spannende und interessante Themen und kritische Beiträge, beschäftigen sich aber häufig lediglich mit Verfehlungen einzelner Personen.
Politische Aufklärung über gesellschaftliche Missstände und Ungerechtigkeiten sind bezeichnenderweise in Satire- und Kabarett-Sendungen zu finden. Die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten in Deutschland greifen zentrale Themen der Lebenswirklichkeit vieler Menschen nicht auf.
In der privaten kommerziellen Medienlandschaft sieht es noch viel schlimmer aus. Die privaten Verlage versuchen, durch Auflage Geld zu generieren und das öffentlich-rechtliche Fernsehen im Populismus noch zu überbieten. Damit sind sie immer weniger erfolgreich und sparen dann bei der Produktion von substantiellen Inhalten permanent ein. So verschlimmern sie die Misere immer weiter, anstatt endlich relevante Inhalte zu bieten. Dies trauen sich aber weder die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten noch die privaten Verlage - mit wenigen Ausnahmen.
Unterstützung zivilgesellschaftlicher Kräfte
Die Lücke einer seriösen und umfänglichen Berichterstattung über die Probleme unseres neoliberalen Wirtschaftssystems sowie über Hoffnungen und Perspektiven von Menschen ist gewaltig. Internet-Medien versuchen das aufzufangen, viele Nichtregierungsorganisationen (NGO) berichten bereits selbst. Dabei mangelt es aber sehr oft an Geld und journalistischem Wissen. Zudem tummeln sich unendlich viele Angebote im weltweiten Netz, welche die Seriosität von Internet-Medien insgesamt infrage stellen oder zerstören.
An diesen Problemen und Aufgaben will Transparenz TV ansetzen. Wir wollen ein wirklich kritisches TV-Programm gestalten. Kritisch mit der Regierung und kritisch mit dem neoliberalen Wirtschaftssystems. Wir möchten eine Plattform bieten jenseits von Lifestyle und Freak-Shows der Extreme. Denn es gibt für Menschen viele Probleme, Hoffnungen, Erfahrungen und Belange, die es wert sind, publiziert zu werden.
Wir erleben um uns herum eine Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlagen, einen bedrohlichen Abbau von demokratischen Rechten, einen immer stärker wachsenden Staatsapparat, der sich mit ausufernden Sicherheitssystemen umgibt, und Konzernmächte, denen es gelingt, ihre geschäftlichen Interessen in Regierungshandeln und Gesetze umzusetzen.
Viele Bürger/innen fühlen sich zwischen diesen Polen gefangen und wenden ständig größere Kraftanstrengungen auf, um ihre legitimen Rechte zu wahren. Um in diesen Systemen nicht unter die Räder zu kommen, wächst der Druck, sich anzupassen und möglichst zu schweigen.
Transparenz TV will eine Stimme der Bürger/innen, der aktiven Zivilgesellschaft sein. Das wird nicht gleich zur Gänze gelingen. Die Sendeaktivität wird Stück für Stück aufgebaut werden. Zum Sendestart hat Transparenz TV aber ein Zeichen gesetzt, in welche Richtung es gehen soll.
Kümmern wir uns nicht um Transparenz und Demokratie, endet unser System in einer totalitären Struktur. Im Gegensatz zu früheren totalitären Systemen wären die Bürger/innen dann aber von einer nahezu lückenlosen technischen und finanziellen Überwachung kontrolliert, aus denen Demokratie und Opposition nur schwer zu organisieren sind.
Die Macht teilen sich dann der Staat und ein Oligopol aus Konzernen. Staat und Konzerne definieren in diesem Szenario, was die Bürger/innen dürfen und welche Preise sie für die Zwangsdienstleistungen des Staates und die Produkte der Konzerne zu zahlen haben.
Mit den Interessen und Bedürfnissen der Bürger/innen würde dies nur noch wenig zu tun haben. Transparenz, Interesse an diesen Vorgängen und der Überzeugung, das staatliche Institutionen und die Wirtschaft den Bedürfnissen von Menschen zu dienen haben, können diese Entwicklungen verlangsamen und trotz weit fortgeschrittener Krise auch aufhalten und umdrehen.
Transparenz TV will seinen Beitrag dazu leisten. Transparenz TV möchte eine der führenden Plattformen der deutschsprachigen Gegenöffentlichkeit werden und sein. Ob das gelingen mag, sei dahingestellt – aber Transparenz TV versucht es zumindest.
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(1) https://taz.de/Personalrat-des-ZDF-gegen-Jugendkanal/!5032497/ (aufgerufen am 3.8.2020).
(2) https://www.bunte.de/stars/star-news/guenther-jauch-bittere-abrechnung-es-haben-am-ende-ganz-einfach-zu-viele-da-reingeredet.html (aufgerufen am 3.8.2020).
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